Badische Zeitung, 14 September 2011

Badische Zeitung, 14 September 2011 – Schon ganz einfach Dinge können weiterhelfen

Der Verein Tukolere hat wieder Gäste aus Uganda / Sie werden in Deutschland in Gesundheitsversorgung geschult.

110914_BZ_ Schon ganz einfache Dinge

Gestalten am Freitag in Gallenweiler einen Infoabend über Uganda (von links): Grace Akol, Siegfried Kunz, Andrew Epenyu und Gertrud Schweizer-Ehrler. Foto: Sabine Model

HEITERSHEIM. “Wer einmal in Uganda war, ist betroffen, begeistert und bereit, sich für Land und Leute zu engagieren”, sagt Gertrud Schweizer-Ehrler. Sie muss es wissen. Von 1985 bis 1995 war sie dort als Salem-Entwicklungshelferin. Eine Erfahrung, die bis heute in ihrem Verein Tukolere mit über 100 initiierten Selbsthilfeprojekten nachwirkt. Derzeit beherbergt sie wieder Gäste aus Uganda, die in Deutschland geschult werden, um die geschaffenen Gesundheitseinrichtungen Stück für Stück mit mehr Qualität zu füllen.
Die Salem-Krankenschwester und Aids-Beraterin Grace Akol war bereits 2008 in Gallenweiler und wird diesmal begleitet von dem Labortechniker Andrew Epenyu, der ebenfalls in der Aids-Arbeit tätig ist. Beide unterrichten außerdem in einer Krankenpflegeschule, die derzeit aufgebaut wird. Dank einer Kooperation von Tukolere, der Bruderschaft Salem und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
absolvieren sie in Deutschland ein medizinisches Praktikum an der Uniklinik Mannheim und im Loretto-Krankenhaus Freiburg.

Beeindruckt ist Andrew Epenyu vor allem von den technischen Möglichkeiten in Deutschland. Dazu gehören Monitore, mit denen Patienten auf der Intensivstation überwacht werden sowie die EDV-Verlinkung aller Stationen mit dem Labor und den Ärzten. Das alles ist in Uganda noch nicht umsetzbar. Aber er könne einfache Dinge mitnehmen, wie die Hygienebehandlung oder die Behandlungsdokumentation.
Der Computer, den er in seinem Labor hat, eigne sich nur für Statistiken, so der Labortechniker. Einen Drucker gibt es nicht. Diagnosen werden von Hand geschrieben, und wenn Eile geboten ist, von Mitarbeitern zu den Ärzten gebracht. Eine bessere Ausstattung wäre schon wünschenswert. Das Problem, sagt Gertrud Schweizer-Ehrler, sei nicht nur die Anschaffung, sondern auch der Transport. Laptops wären eine tragbare Alternative, aber ohne Sponsoren nicht denkbar.

“Wir können unsere Qualität nur mit dem verbessern, was wir haben”, sagt Grace Akol. Für sie ist es schon mal wichtig, Buch zu führen über Blutwerte, Blutdruck sowie Temperatur jedes Patienten, um Symptome rechtzeitig zu erkennen. Immerhin habe man es mit den bescheidenen Möglichkeiten auch geschafft, die Aidsrate von 30 Prozent im Jahr 1990 bis auf sechs Prozent im Jahr 2005 zu senken. Dass es derzeit einen leichten Anstieg der Infizierten auf acht Prozent gebe, liege an der längeren Lebenserwartung der Patienten durch Medikamente.

Grace Akol und Andrew Epenyu sind beide mit einem Teildeputat in der Kinderstation mit Unterernährten-Station in Salem beschäftigt. Als Gertrud Schweizer Ehrler diese Station 1988 einrichtete, war sie dringend nötig. Nach dem erforderlichen Neubau 2004 war das Problem nur gering. In den letzten Monaten erlangte die Versorgung von Unterernährten erneut eine traurige Aktualität von 50 Prozent der Bevölkerung.
Siegfried Kunz aus Gallenweiler ist gerade von einem mehrwöchigen Aufenthalt in Uganda zurück. Er kann das Problem der Unterernährung mit Bildern und Berichten belegen. Die erste Aussaat sei vertrocknet, die zweite durch Regenstürme weitestgehend vernichtet. Das habe die Lebensmittelpreise hochgetrieben.
Neben der Ausstattung der Station mit eiweiß- und vitaminhaltigen Lebensmitteln ist es Grace Akol wichtig, dass die kranken Erwachsenen und Kinder sowie das Labor von Andrew Epenyu in unmittelbarer Nachbarschaft sind. Denn lebensbedrohliche Begleiterscheinungen der Unterernährung seien Malaria, Würmer und Anämie. Da gelte es, sofort mit Tests, Medizin und Blutkonserven tätig zu werden.
Um vorzubeugen, werden Schwangere und Mütter beim Kochen und Anbauen von Nahrungsmitteln für sich und ihre Kinder angeleitet. Fische, Soja, Sesam, Erdnüsse, Bohnen und Erbsen spielen bei der Ergänzung des täglichen Wasser-Maisbreies eine wesentliche Rolle. Deshalb werden gemeinsam Demonstrationsgärten angelegt, für die es Gartenwerkzeug braucht. Weitere Beratungszentren im Umkreis sollen mit Anschauungsmaterial die Aufklärung forcieren.
Gespräche: Am Freitag,16. September, um 19 Uhr gibt es die Gelegenheit, mit den Gästen aus Uganda, mit Siegfried Kunz und Gertrud Schweizer Ehrler im Bürgerhaus in Gallenweiler bei afrikanischem Abendessen ins Gespräch zu kommen und im Vortrag alles zum Thema “Wetterkapriolen, Aids und Hoffnung durch Hilfe zur Selbsthilfe” erfahren. Für eine Foto- und eine Begegnungsprojektreise nach Uganda sind 2011 und 2012 ebenfalls noch Plätze frei.
Autor: Sabine Model

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