Badische Zeitung, 10. März 2006

Den Projektreisenden der Selbsthilfe-Initiative “Tukolere Wamu” wurde in Uganda große Gastfreundschaft entgegengebracht

Von unserer Mitarbeiterin Sabine Model

HEITERSHEIM. Auf dem Tisch liegen dicke Fotoalben und die Augen der Uganda-Reisenden aus Heitersheim, Gallenweiler und Grunern strahlen einen Monat nach ihrer Afrika-Erfahrung immer noch. Für Siegfried Kunz war die dritte Projektreise der Selbsthilfe-Initiative “Tukolere Wamu” der erste Besuch in diesem Land. “Ich würde sofort wieder mitfliegen” , bescheinigt er. “Wir haben wirklich die Menschen erlebt, ihr Elend gesehen, trotz allem Zufriedenheit gespürt und ihre Gastfreundschaft genossen.”

Vermittelt werden konnte dieses Erleben vor allem durch Kompetenz und Sachverstand der Vereinsvorsitzenden Gertrud Schweizer-Ehrler, die Land und Leute durch frühere Entwicklungshilfearbeit im christlichen Hilfswerk der Salem-Bruderschaft und durch langjährige Projektarbeit über Tukolere kennt. Sie erklärte den Reiseteilnehmern Mentalität und Gepflogenheiten, führte sie direkt in die Familien, zeigte Selbsthilfeprojekte. Und sie bewies, dass Förderung nur dort stattfindet, wo sie sinnvoll ist, aber rigoros eingeschritten wird, wenn Missbrauch droht.

Für Dietlinde Baumgartner brachte das Afrikadebüt nach drei Tagen denn auch zunächst einen Koller. Es war halt keine Touristenreise mit Vorzeigeplätzen. Der Blick hinter die Armutskulissen belastete sie, bis sie sich auf die Auseinandersetzung einließ. Hella Boteram kannte dieses Gefühl von ihrer ersten Reise. “Diesmal konnte ich besser damit umgehen, wie die Menschen leben und leben müssen und wie wir in kleinen Schritten helfen können” , so ihre Bilanz.

Das wurde ihr besonders in einer Aidsstation, in einer Schule mit 163 Kindern pro Klasse und in Nähstuben deutlich, wo man sich kurzfristig etwas schneidern lassen kann. Tukolere hat mit 800 Euro Heitersheimer Spendenmitteln eine solche Nähstube initiiert.

In Kleingruppen konnten sich die Reiseteilnehmer je nach Neigung mit einem Fahrrad fortbewegen und verschiedene Projekte anschauen. Willi Strohmeier interessierte sich für die landwirtschaftlichen Projekte. Das Konzept der Mischkulturen in den kleinbäuerlichen Anpflanzungen ist gut durchdacht, um Missernten vorzubeugen. Denn Geld für Spritzmittel gibt es nicht. Seine Frau Ursula beteiligte sich an einer Impfaktion für Mütter und Kinder, zu der sie mit einem Pflegehelfer und einer Hebamme per Motorrad und Fahrrad aufbrach.

In sechs Familien erlebte man etwas vom Umgang mit Blindheit oder Behinderung sowie mit Hühner-, Schweine-, Kuh- oder Ziegenhaltung für den Unterhalt — Projekte, denen eine Schulung vorausgeht. Immer wieder begegneten die Besucher aus Deutschland erstaunlich beweglichen Jugendlichen mit körperlichen Missbildungen. Auch da hilft Tukolere das Leben zu bewältigen — mit Gehhilfen sowie mit Ausbildung und Ausrüstung für die Herstellung von Schuhen aus alten Autoreifen.

Als angenehm empfand die Gruppe die Unterbringung in Hüttenbungalows. Ein unvergleichlicher Sternenhimmel, eine faszinierende Tier- und Pflanzenwelt und eine atemberaubende Landschaft prägten das touristische Programm. Überraschungseffekte wie Benzin-Organisation mit Wasserflaschen bei einer Autotour oder Stromausfall gehörten zum Abenteuer Afrika dazu. Vor allem aber wurde gelernt, deutsche Perfektion und Gründlichkeit ein Stück weit zurückzunehmen. “Angesichts dieser Welt relativieren sich unsere Probleme ohnehin sehr schnell” , so das einhellige Fazit.

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Das Fortbewegungsmittel schlechthin ist in Uganda das Fahrrad. Jeder Teilnehmer der Tukolere-Reisegruppe bekam für die zwei Wochen ein Rad gestellt, um die Gegend erkunden zu können.
(FOTO: PRIVAT)

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