Badische Zeitung, 22. August 2008

Ein heilendes Unkraut aus der afrikanischen Steppe

Die Aids-Aufklärung in Uganda trägt Früchte: Grace Akoll berichtete in Heitersheim über ihre Arbeit
HEITERSHEIM/GALLENWEILER (mod).
Der bundesweite Afrikaverein “Tukolere Wamu” mit Sitz in Gallenweiler kümmert sich um die Verbesserung der Lebenssituation in Uganda besonders in gesundheitlicher Hinsicht. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Aidsberaterin Grace Akoll. Sie kam nach Heitersheim, um über ihre fruchtbare Arbeit in der Heimat zu berichten.

Denn in Sachen Aids-Prophylaxe ist Uganda ein Vorzeigemodell. Waren noch vor 20 Jahren 30 Prozent der Bevölkerung HIV-positiv, zeigte sich 2005 bereits ein Rückgang auf 6,5 Prozent bei den Erwachsenen. Immer noch sind auch Kinder infiziert. Aber da greifen vor allem Mutter-Kind-Programme, die sichtbare Erfolge zeitigen. Die Bruderschaft Salem und Tukolere engagieren sich besonders in diesem Bereich.

Der Leidensdruck in Uganda führte zu unterschiedlichen Initiativen. Radio und Zeitungen klärten unkonventionell über Ansteckungswege auf. Aidsberater wurden ausgebildet, um die Verhaltenskorrektur in die Wege zu leiten. Krankenschwestern, Sozialarbeiter oder Lehrer können diese Zusatzfachausbildung absolvieren. Über ein Jahr verteilt nehmen sie wechselweise an zweiwöchigen Theorie- und Praxiskursen teil. Für die Erwachsenen-Aidsberatung kostet der Kurs 350 Euro, für die Kinder-Aidsberatung 600 Euro. Die gelernte Krankenschwester Grace Akoll hat beide Qualifikationen und die Auflage, sich ein Mal im Monat fortzubilden. Zudem arbeitet sie in enger Kooperation mit der Aidshilfeorganisation “Taso” (The Aids Support Organisation).

Bei nicht behandelten Müttern ist jedes vierte Baby infiziert

Der wichtigste Schritt ist, das Stigma der Aidsinfektion zu überwinden und zu der Krankheit zu stehen, weiß sie. Denn lange wurden Infizierte versteckt und abgeschrieben. Voraussetzung für das “Sich-Outen” ist, ein Test und Beratung. Wer gute Überlebenschancen hat, bekommt heute über ein Regierungsprogramm in zentralen Krankenhäusern eines Distrikts teure antiretrovirale Medikamente kostenlos. Die Patienten formieren sich oft in Gruppen, um sich auszutauschen und einer normalen Arbeit nachzugehen. Unterstützt wird die Behandlung mit entsprechender Ernährung.

Eine HIV-positive Krankenschwester in Salem beschäftigt sich mit Naturheilkunde und kann mit Propolis,
einem natürlichen Antibiotikum aus Bienenstöcken, und Sutherlandia, einem heilenden Unkraut aus der afrikanischen Steppe, erstaunliche Ergebnisse bei Aidspatienten zeitigen. Größte Zielgruppe bei der Aidsberatung sind die Jugendlichen, um bereits bei ersten sexuellen Kontakten Vorsicht walten zu lassen. Die Aufklärung erfolgt mit Hilfe von HIV-positiven Jugendlichen, die authentisch über ihre Infektion und den Krankheitsverlauf in Jugendclubs berichten. Schulen bieten Kurse an, um wiederum Jugendliche als
Aids-Trainer an anderen Schulen einzusetzen. Gesponsert durch Geberländer werden Kondome als Infektionsschutz verteilt. Vor der Heirat wird geraten, sich innerhalb eines Jahres dreimal testen zu lassen, wegen der verzögerten Nachweisbarkeit in der sechsmonatigen Inkubationszeit.

Schwangere und ihre Ehemänner werden einem Aidstest unterzogen. Sind sie positiv, bekommt die werdende Mutter über das Mutter-Kind-Programm vor der Entbindung Medikamente und das Baby prophylaktisch innerhalb von 72 Stunden nach der Geburt. Bei nicht behandelten Müttern ist jedes vierte Baby infiziert, bei behandelten nur jedes achte. Um eine Infektion über die Muttermilch auszuschließen, sollten HIV-positive Mütter nicht stillen. In armen Familien, die keine Ersatzmilch kaufen können, darf maximal drei Monate gestillt werden. “Das Wissen um die Infektionswege ist in Afrika nicht mehr das Problem” , bilanziert Grace Akoll. “Die Änderung des Verhaltens ist schwer. Aber das Angebot greift.”

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