Schwäbisches Tagblatt, 22. Oktober 2009

Hirse mahlen wie in Uganda

Die Siebtklässler der Maria-Sibylla-Merian-Realschule lernen Afrika kennen

Afrika ist seit einigen Jahren Projekt-Thema in der Merian-Realschule. Ein winziger Flecken auf dem Riesenkontinent steht dabei im Mittelpunkt, zwei Schulen in Ost-Uganda. Auch eine Uganderin ist diesmal zu Besuch.

JÜRGEN JONAS
Dußlingen. Alle Siebtklässler der Maria-Sibylla-Merian-Realschüle wollen einmal nach Afrika reisen. Gerade jetzt, wo sie mehr wissen, sind die Schüler der drei Klassen neugierig geworden. Wieder einmal, wie in den vergangenen Jahren, ist das Afrika-Projekt auf die Stundenplan-Tagesordnung gesetzt worden. Soziales Lernen schreibt die Schule groß. „Jedes Jahr wird in den siebten Klassen eine ganze Woche zum Thema gearbeitet”, sagt Lehrerin Rose Kunz, in der Vorbereitung stark engagiert. Die Schule unterstützt die Kakutu-Grundschule und die weiterführende Bulangria-Schule, beide finden sich im Palissa-Distrikt in Ost-Uganda. Mit Unterstützung der Merian-Schüler konnten Sitzbänke angeschafft werden „Mittlerweile hat jeder der 1000 Schüler einen Sitzplatz”, berichtet Kunz. Es konnten auch Toiletten gebaut werden, Stehklos mit Gießkannen als Spülung, wesentliche Verbesserungen in der bitterarmen Region.
Für das Projekt holte sich die Schule eine Expertin ins Haus. Aus Freiburg ist Gertrud Schweizer-Ehrler schon zum dritten Mal zu Gast in der Schule, im Auftrag der „Europäische Akademie” mit Mitteln des Bundesministeriums für Entwicklung. Die -ehemalige Entwicklungshelferin erzählt in den Klassen über „Erwachsenwerden in Uganda”, wo sie zehn Jahre gearbeitet hat. Sie ist Vorsitzende des Vereins “Tukolere Wamu”, das heißt „Alle in einer Welt”. Er unterstützt verschiedene Projekte der Entwicklungshilfe in Uganda.
Spielzeug aus Müll, Masken aus Pappmache

Diesmal ist sie in Begleitung von Kevina Inyangat, die sich derzeit im Tübinger Uniklinikum aufhält, zu einem Praktikum, um Erfahrungen für ihre Arbeit zu Hause zu sammeln, wo sie als Hebamme und Krankenschwester arbeitet. 43 Jahre alt ist die Unganderin, hat fünf Kinder, das jüngste ist sechzehn. Kevina Inyangat zeigt den Schülern, wie sie mit einem Stein Hirse mahlen und mit einem Stampfer in einem Holzgefäß Erdnüsse zerkleinern können. Was, in Uganda schläft man auf dem Boden, nur mit dünnen Matten als Unterlage? Auch Jungen lassen sich Baby-Puppen mit Tüchern auf landesübliche Weise auf den Rücken binden, Mädchen versuchen, Wasserkanister auf dem Kopf zu balancieren. Aus Bananenblättern werden Bälle gefertigt und in eine Plastiktüten-Umhüllung gesteckt, schon kann man halbwegs kicken. Spielzeug wird aus Müll fabriziert, Shampooflaschen, alten Schnüren und Bleckstücken. Und die meisten Menschen waschen ihre Bekleidung von Hand, alle Merianer dürfen es ausprobieren.
In der Klasse von Anja Renner werden Masken gebastelt Simone und Milena haben sich afrikanische Masken aufgezeichnet, die sie nachbilden wollen. Unmengen von Pappmache haben die Schüler hergestellt, die Masse wird an aufgeblasenen Luftballons aufgetragen, langsam nehmen die Gebilde Form an. Milena: „Das ist wie im Kindergarten mit Fingerfarben”. Die Schüler lernen nicht nur, haben nicht nur Bastei-Spaß, sie üben auch internationale Solidarität. Sammeln Geld, für die unverputzten Wände der Schulen in Uganda zum Beispiel. Am Ende der Afrika-Woche werden sie sich ausdenken, wie sie an Finanzmittel kommen. Beim Weihnachtsmarkt wird auf jeden Fall Gebäck verkauft, „die Eltern  unterstützen uns dabei”, sagt Kunz.

Linsensalat und ein Brei aus Süßkartoffeln

Für die Schüler endet der Mittwochmorgen. Corinna spült in der Lehrküche Geschirr. Bettina Kommer,
Lehrerin für „Mensch und Umwelt”, hat mit Daniel, Aron, Hanna, Celina, Marius und Sebastian gekocht, afrikanische Gerichte natürlich, einen Brei aus Süßkartoffeln, Gemüsesuppe mit Chilli und Spitzpaprika, Linsensalat, Risotto aus Hirse. Merve schneidet für alle das Bananenbrot zurecht, im Nebenzimmer wird im Sitzen gegessen. Matten sind in einem Kreis ausgelegt, in der Mitte stehen die Köstlichkeiten auf Tüchern, Wasser gibt es dazu aus großen Glaskrügen. Germaine freut sich an den exotischen Speisen. „Das hat allen großen Spaß gemacht”, sagt sie über das Afrika-Erlebnis.

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